Die 28-jährige Berliner Autorin Lilly Lindner hat eben diese Erfahrung gemacht und ihre Emotionen in Worte gefasst - Emotionen, an denen sie uns in ihrer Lesung an der Berufsschule Lichtenfels im Mai 2014 teilhaben ließ. Bei den beiden Werken, die sie vorstellte, handelt es sich um Geschichten, die das Leben in all seiner Grausamkeit geschrieben hat.
Es sind gerade jene Geschehnisse, die uns tief unter die Haut gehen. Bei den präsentierten Werken handelt es sich zu einen um das Buch „Bevor ich falle", in dem der Selbstmord der Mutter ihrer Freundin thematisiert wird. Diese herzergreifende Geschichte wird noch durch ihre Autobiografie „splitterfasernackt" an düsterer Thematik übertroffen, denn hier geht es um Missbrauch im Kindesalter, Prostitution bis hin zum Selbstmord.
Allerdings sind es nicht in erster Linie die Themen, welche das Auditorium erfassen, sondern vielmehr die Authentizität, die durch die Bücher und vor allem durch die Darstellung während der Lesung vermittelt wird. Die Kombination aus Hoffnung und Freude im Kontrast zu den Schattenseiten des Lebens ließ uns mit angehaltenem Atem ihren auswendig vorgetragenen Ausführungen lauschen.
Es sind eben Menschen wie Lilly Lindner, die einen Lichtstrahl bilden für diejenigen, die sich „tief unter Wasser befinden", oftmals viel tiefer als wir es sehen und uns vorstellen können. Ich habe mir Gedanken gemacht, wie man selbst so ein Lichtstrahl werden kann und ich denke, dass es besonders das bewusste und aktive Zuhören, das Verständnis und Mitgefühl ist, das man Menschen, die sich weit unter der Wasseroberfläche befinden, entgegenbringen sollte.
Oliver Laukötter
WTK 10 A